Einblicke in deutsche Einkaufswagen - und Mülleimer

 

 

 


 
"Iss auf, woanders hungern Menschen!" Dieses Mantra kennt jedes Kind. Und es stimmt: Trotz Hungers in vielen Teilen der Welt werden in Europa immer mehr Lebensmittel weggeworfen.
 
Dem Einkaufs- und Wegwerfverhalten der Deutschen auf den Grund zu gehen, war Gegenstand einer Meinungsumfrage im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums.
 
Die Umfrageergebnisse bringen teils Erstaunliches, aber auch Erwartetes zutage: Während etwa ein Drittel der Deutschen nicht häufiger als einmal pro Woche einkauft, versorgt sich der Rest der Bundesbürger öfter mit Lebensmitteln – sechs Prozent gar täglich.
 
Dabei bevorzugt die überwältigende Mehrheit der Befragten den Supermarkt, mit beachtlichem Vorsprung. Fast jeder Sechste gibt an, häufig auf dem Wochenmarkt einzukaufen, gut die Hälfte der Befragten zumindest ab und zu.
 
Auch den Bioladen sucht etwa jeder zweite Deutsche regelmäßig bis gelegentlich auf.Direkt auf dem Bauernhof kaufen hingegen nur acht Prozent der Verbraucher häufig und 38 Prozent hin und wieder ihre Lebensmittel ein.
 
Die Umfrage ist Teil einer umfassenden Untersuchung des Bundesverbraucherministeriums, deren Ergebnisse Ende 2011 vorliegen sollen. Darin soll erstmals konkret erhoben werden, wie viele und welche Lebensmittel in Deutschland jährlich in den Müll wandern. So sollen Ursachen der steigenden Wegwerfraten in Europa ermittelt werden. Im Ergebnis will die Bundesregierung Vorschläge erarbeiten, wie Verbraucher, Produzenten und Handel Lebensmittel besser nutzen und Abfälle vermeiden können.
 

Heute Mahlzeit, morgen Müll

 
Eine erste Studie zum Wegwerfverhalten in Deutschland hatte das Bundesverbraucherministerium bereits im Frühjahr 2011 veröffentlicht. Darin geben 84 Prozent der Befragten an, Lebensmittel wegzuwerfen, weil das Haltbarkeitsdatum überschritten oder die Ware verdorben sei. Fast jeder Fünfte kann die zu großen Verpackungen nicht rechtzeitig aufbrauchen.
 
Weil sie ihnen "nicht schmecken", werfen gar 16 Prozent der Deutschen Nahrungsmittel weg. Insgesamt wirft gut die Hälfte der Befragten regelmäßig Lebensmittel weg – obwohl zwei von drei Deutschen dabei ein schlechtes Gewissen haben. 58 Prozent geben an, dass in ihrem Haushalt regelmäßig Lebensmittel weggeworfen werden.
 
Bundesministerin Ilse Aigner ist alarmiert: "Wir werfen einfach viel zu viel weg. Diesen Trend müssen wir stoppen. Nach uns vorliegenden Schätzungen wandern in Deutschland pro Jahr bis zu 20 Millionen Tonnen Nahrungsmittel in den Abfall – pro Person im Wert von 330 Euro." Damit könne eine Kolonne von 20-Tonnern gefüllt werden, die "Stoßstange an Stoßstange von Madrid bis Warschau stehen".
 
Laut Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO landet circa ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion im Müll. Andere Schätzungen beziffern den Anteil weggeworfener Lebensmittel sogar noch höher, von bis zu drei Vierteln ist mitunter die Rede.
 
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, braucht es vor allem Aufklärung: "Einkäufe und Mahlzeiten sorgfältig planen, regelmäßig Vorräte auf Haltbarkeit kontrollieren, Reste konsequent verwerten" – damit ließe sich die Abfallquote spürbar senken, so Bundesministerin Aigner.
 

Die Kehrseite des Überangebots

 
Große Mengen Lebensmittel werden aber bereits weggeworfen, ehe sie überhaupt beim Verbraucher ankommen: Regisseur Valentin Thurn geht davon aus, dass jeder zweite Kopfsalat, jedes fünfte Brot ungekauft im Müll landen. In seinem neuen Kinofilm "Taste the Waste" zeigt Thurn schonungslos die Folgen der Wegwerfgesellschaft auf.
 
Rund eine Milliarde Menschen leiden Hunger, obwohl die produzierten Lebensmittel dafür reichten, die Weltbevölkerung dreimal zu ernähren. Auch ließe sich durch bedarfsgerechtere Produktion ein wesentlicher Teil klimaschädlicher Treibhausgase vermeiden.
 
Ein beeindruckendes Zeichen gegen das Wegwerfen setzten britische Aktivisten im Jahr 2009. Bei der Aktion "Feeding the 5000" versorgten Freiwillige tausende Menschen umsonst mit Curry, gekocht nur aus Zutaten, die bereits im Supermarkt aussortiert wurden. Doch auch weitab medialer Aufmerksamkeit werden Lebensmittel vor dem Müllcontainer bewahrt: Die bundesweit circa 870 Tafeln geben regelmäßig gespendete Lebensmittel an Bedürftige kostenlos oder gegen einen geringen Betrag ab.
 
Die Vielfalt der Lebensmittel in Supermärkten ist verführerisch und verleitet oft dazu, mehr einzukaufen als im Haushalt tatsächlich benötigt wird. Doch das muss nicht so sein, wenn bewusst geplant, gekauft und gekocht wird.
 
Tipps zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen:
  • Einkaufszettel schreiben!
  • Haltbarkeit prüfen: Machen Sie den Auge-Nase-Zungen-Check.
  • Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Verfallsdatum!
  • Vorräte kontrollieren: Richtig lagern schützt vor Verderb.
  • Nicht zu viel kochen: Richtig planen spart Abfall (und Kilos …).
  • Wenn etwas übrig bleibt: Einfrieren oder kreativ weiterverwerten.

Mit den Informationen über das Konsumverhalten der Deutschen will die Bundesregierung dem traurigen Trend zur Wegwerfkultur gezielt entgegenwirken. Genauer denn je lässt sich damit ausmachen, wie mehr Menschen satt werden – bei gleicher Lebensmittelqualität.

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