Verbraucherschutz beginnt am Futtertrog

 

 

Weit über 200 Verordnungen, Gesetze und Entscheidungen sichern in Deutschland hohe Lebensmittelqualität. Das hat der amtliche Bericht des Bundesinstituts für Risikoforschung gerade erst wieder Ende 2010 bescheinigt. Die Länder überprüfen, ob die Ernährungsindustrie sich auch an Recht und Gesetz hält. So machten 2009 die amtlichen Lebensmittelkontrolleure 930.000 Inspektionen in rund 545.000 deutschen Betrieben. Dabei nahmen sie 387.000 Proben.
 
 

 

 

Dennoch konnte es passieren, dass aus reiner Gewinnsucht mit Dioxin verunreinigtes Fett in die Futtermittel gemischt wurde und in die Nahrungskette gelangte. Diese Straftat gefährdete nicht nur die Gesundheit von Menschen. Auch viele landwirtschaftliche Betriebe erlitten wirtschaftlichen Schaden. In Deutschland mussten über 4.760 Höfe gesperrt werden, weil sie dioxinverseuchtes Futtermittel genutzt haben, noch immer sind einige Bauernhöfe stillgelegt. Deswegen ist eine konsequente Aufklärung des Geschehens erforderlich, die Schuldigen müssen bestraft werden.
 

Das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen

 
Erst wenn alles überprüft und geklärt ist, dürfen die Betriebe ihre Produktion wieder aufnehmen. Genauigkeit und Gründlichkeit gehen vor Schnelligkeit. Der vorsorgende Verbraucherschutz hat Vorrang vor allen wirtschaftlichen Interessen.
 
Obwohl zu keiner Zeit eine akute gesundheitliche Gefahr bestand, sind die Verbraucherinnen und Verbraucher doch erheblich verunsichert. Nur mit Hilfe schärferer Kontrollen und höherer Transparenz kann jetzt neues Vertrauen entstehen. Deswegen hat das Bundesverbraucherministerium zusammen mit den Ländern einen umfassenden Aktionsplan verabschiedet.
 

10 Punkte für mehr Futtermittelsicherheit

 
Der Aktionsplan der Bundesregierung "Verbraucherschutz in der Futtermittelkette" enthält folgende Schritte:
 
  • Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe: Hersteller von Futterfetten müssen künftig strenge Auflagen beachten, um eine Zulassung zu erhalten. Sie müssen mit Analysen, mit Berichten an die Behörden und mit Rückstellproben nachweisen, dass sie die Grenzwerte für kritische Stoffe einhalten.
  • Produktionsströme trennen: Futterfette und Futterfettsäuren dürfen künftig nicht mehr in Anlagen hergestellt werden, die gleichzeitig Stoffe für die technische Industrie produzieren.
  • Wirksamere Kontrollpraxis: Die Pflicht der Futtermittelunternehmer zur Kontrolle ihrer Produkte wird verschärft. Betriebe müssen ihre Futtermittel-Komponenten auf gesundheitlich bedenkliche Stoffe untersuchen und sämtliche Ergebnisse dieser Untersuchungen an die Behörden melden.
  • Meldepflicht für private Laboratorien: Private Labore, die Lebensmittel oder Futtermittel untersuchen und dabei bedenkliche Mengen an unerwünschten Stoffen feststellen, müssen diese Ergebnisse künftig an die zuständigen Behörden melden.
  • Verbindlichkeit der Futtermittel-Positivliste: Eine rechtlich verbindliche Positivliste kann verpflichtend nur auf EU-Ebene geregelt werden. Dafür setzt sich die Bundesregierung ein. Ziel dieser Positivliste muss es sein, die Sicherheit und Transparenz im Futtermittelmarkt zu verbessern.
  • Haftungsrisiko absichern: Futtermittelunternehmer in Deutschland werden dazu verpflichtet, eine Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung abzuschließen oder eine gleichwertige Absicherung des Haftungsrisikos nachzuweisen.
  • Strafrahmen überprüfen: Die Bundesregierung wird überprüfen, ob das gegenwärtige Strafmaß bei Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch ausreicht.
  • Dioxin-Monitoring ausbauen, Frühwarnsystem aufbauen: Alle Daten zu Dioxinen in Lebensmitteln, Futtermitteln und in der Umwelt fließen künftig in einem gemeinsamen Datenpool zusammen. Bei den Auswertungen gilt es auch, die Ergebnisse der Eigenkontrollen der Wirtschaft einzubeziehen. Auf dieser Basis wird ein Frühwarnsystem eingerichtet. So lassen sich Probleme früher erkennen und Gegenmaßnahmen schneller einleiten.
  • Qualität der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung verbessern: Die Qualität der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung der Länderbehörden muss deutlich verbessert werden. Ziel ist es, die Organisation und Durchführung der amtlichen Kontrollen transparent zu gestalten und einer unabhängigen Bewertung zu unterziehen.
  • Mehr Transparenz für die Verbraucher: Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht zu erfahren, welche Lebensmittel mit unzulässigen Schadstoffen belastet sind. Die zuständigen Behörden werden daher verpflichtet, die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung über alle Rechtsverstöße durch Grenzwertüberschreitungen umgehend zu veröffentlichen. Für die Veröffentlichungen wird eine Onlineplattform eingerichtet.
 

Gemeinsames Vorgehen

 
In der Sondersitzung der Verbraucherschutz- und Agrarminister der Länder am 18. Januar wurde der Aktionsplan der Bundesregierung um weitere Maßnahmen erweitert. Diese liegen vor allem in der Zuständigkeit der Länder:
 
  • Mehr risikoorientierte Futtermittelkontrolle: Der Rahmenplan zur Futtermittelüberwachung muss sich stärker am Risiko der Produkte und an der Qualität der Verarbeitung ausrichten. Die Intensität der amtlichen Kontrollen der Betriebe gilt es zu erhöhen.
  • Schwerpunktsetzung bei den Strafverfolgungsbehörden: Die Länder prüfen, ob in der Organisation der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte zur Verfolgung von Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelstrafrecht Optimierungsbedarf besteht: zum Beispiel in Form von Schwerpunktstaatsanwaltschaften.
  • Rückverfolgbarkeit absichern: Zusammen mit dem Bund werden die Länder Schwachstellen bei der Rückverfolgbarkeit belasteter Lebens- und Futtermittel analysieren. Bei Bedarf werden spezielle Rechtsvorschriften zur Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit entwickelt.
  • Lebensmittelwarnungen veröffentlichen: Die Länder werden die Internetplattform "www.lebensmittelwarnung.de" einrichten. Damit erhält der Verbraucher im Falle einer öffentlichen Warnung vor unsicheren Lebensmitteln Informationen an zentraler Stelle.
 

Zügige Umsetzung des Aktionsplans 

 

Am vergangenen Mittwoch hat das Bundeskabinett die ersten gesetzlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Futtermittel-Aktionsplan ergriffen: Labore müssen künftig bedenkliche Funde bei Lebensmittel- und Futtermitteltests automatisch den zuständigen Behörden melden. Dasselbe gilt für Lebens- und Futtermittelbetriebe, die ihre Waren auf Dioxine, Furane und andere Stoffe untersuchen.
 
Mit der Meldepflicht der Daten wird zugleich ein Dioxin-Frühwarnsystem eingerichtet. Seit Jahren erheben die Überwachungsbehörden Daten zur Belastung von Lebensmitteln und Futtermitteln mit Dioxinen und dioxinähnlichen Verbindungen. Diese Daten wird dasBundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Berlin nun in einem Datenpool zusammenführen. Vierteljährliche Lageberichte werden Auskunft über die Belastung geben. Damit lassen sich Probleme früher erkennen, Gegenmaßnahmen schneller einleiten.
 

Auch Europa zieht mit

 
Auch die Europäische Union will ihr Lebensmittel- und Futtermittelrecht verschärfen. In einer Beratung des Dioxin-Skandals am 24. Januar haben die Agrarminister verabredet, in vier Punkten gemeinsam vorzugehen. Die EU-Kommission soll Vorschläge vorlegen für die EU-weite Intensivierung der Futtermittel-Kontrollen, die Trennung der Produktionsströme, den Aufbau eines Dioxin-Frühwarnsystems sowie die Einführung einer Zulassungspflicht für Futtermittel-Hersteller.

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